Ich habe am 14.06.2014 als mitwirkende Prädikantin meine Mutter und ihren Liebsten in der Simeonkirche in Löhne-Gohfeld trauen dürfen. :) Was für ein Privileg! Was für ein herrlicher Tag! Ich bin dafür so dankbar.
Predigt zur Trauung von Marita und Hubert
Liebe
Marita, lieber Hubert!
Ich
weiß, Ihr habt Euch schwergetan mit der Suche nach Eurem Trauspruch
– oder nein, eher: Er stand einfach nicht besonders weit oben auf
Eurer Wasnochallesbiszumvierzehntensechstenerledigtseinmuss-Liste.
Aber mal ehrlich: Musste es denn nun dieser Spruch sein??? Zu einer
Hochzeit will man doch was von Liebe hören! Und von Liebe ist hier
ja mal nicht die Spur. Zumindest auf den ersten Blick. (Alles mit
einem zwinkernden Auge!)
„Nehmt
einander an, wie Christus uns angenommen hat zu Gottes Lob.“
Röm15,7
Ich
bin mal einfach davon ausgegangen, dass Ihr nicht Bibelroulette
gespielt habt, sondern Euch für Euren Vers wohlüberlegt entschieden
habt. Also, ich gebe ihm eine Chance und versuche mal herauszufinden,
was Euch dazu gebracht haben könnte, ihn über Eure Ehe zu stellen.
„Nehmt
einander an“ - Was heißt das eigentlich (für uns heute)? Was
können wir alles annehmen? Wir nehmen Pakete an für unsere
Nachbarin und für uns selbst und bestätigen mit unserer
Unterschrift, dass wir uns nun dafür verantwortlich fühlen und der
Paketbote ist aus dem Schneider. Wir nehmen Lieferungen an und wenn
hinterher doch etwas fehlt oder kaputt ist, dann sind wir selber
schuld.
Aha!
Jetzt kommen wir der Sache schon näher: Ist es mit einem Partner,
einem Liebsten, einer Liebsten nicht genauso? - Wie bei einer
kompliziert und aufwändig verpackten Lieferung kann ich gar nicht in
Ruhe alles auspacken, um den Zustand der „Ware“ zu beurteilen.
Wer sich schon einmal einen Kleiderschrank eines großen schwedischen
Möbelhauses hat nach Hause liefern lassen, weiß, wovon ich spreche.
Man schaut sich die Pakete an, zählt sie vielleicht noch durch,
schiebt die Unterlippe vor, legt den Kopf schief und sagt: „... na,
gut. … Das wird wohl stimmen“, und unterschreibt den
Lieferschein.
Ich
habe heute Mittag erlebt, dass keiner von Euch: „Hm, … na, gut“,
gesagt und unterschrieben hat und trotzdem glaube ich, dass ich auf
einer ganz guten Fährte bin. „Etwas anzunehmen“ heißt zum
Einen, sich für etwas verantwortlich zu fühlen, das ich aber gar
nicht hundertprozentig beurteilen kann. Ein Restrisiko bleibt nicht
nur einfach bestehen, sondern ich nehme es sogar ganz aktiv auf meine
Kappe und trage es.
„Jemanden
anzunehmen“ heißt aber auch, dass ich mir bewusst bin, dass die
Ware nicht nur fehlerhaft sein KÖNNTE, sondern dass sie es IST. Ihr
seid wunderbare Menschen, versteht mich nicht falsch! :) Und Ihr
beide liebt Euch. Das steht außer Frage. Aber Liebe ist eben nicht
nur dieses rosarote, plüschige Schmetterlingsgefühl. Wie tief die
Liebe geht, zeigt sich ja gerade da, wo es schwierig wird. In den
Situationen, in denen Ihr Euch gerne gegenseitig auf den Mond
schießen möchtet. Wenn Ihr Euch vielleicht auch mal fragt, warum
bin ich hier? Warum will ich das? Die Liebe ist wie ein zartes Band,
das Euch verbindet. (Ich lege M + H ein Satinband in die Hände, ein
anderes behalte ich, um es der Gemeinde zu zeigen.) Es ist eben keine
Fessel aus Eisen oder starkem Seil. Ganz im Gegenteil. Bei echter
Gegenwehr würde dieses Band spielend leicht zerreißen. Aber seine
Stärke liegt nicht in der Kraft, die es aushält, sondern darin,
dass es Eure Herzen miteinander verbindet, die ganz sensibel auf Zug
reagieren, der anzeigt, dass der andere sich gerade unwohl fühlt und
ein wenig auf Distanz geht. Und sei es auch nur ein ganz leichtes
Ziehen.
Ich
vermute, Ihr beiden seid Euch dessen ganz ehrlich bewusst, dass es
solche Situationen gibt, in denen mal Du, Marita und mal Du, Hubert
einen kleinen Schritt zurück machst, weil wir Menschen, zwar „sehr
gut“ geschaffen sind, aber im Laufe unseres Lebens allerlei
sammeln, das es nicht immer einfach macht, zueinander zu stehen. Ihr
scheint Euch zu wünschen, dass Ihr genau in solchen Augenblicken
bereit seid, das zu tragen – manche Marotte und Schrulligkeit
vielleicht auch zu ERtragen, damit dieses zarte Band nicht
zerreißt und weiterhin seinen Dienst tun kann.
Und
Ihr habt Euch jemanden zum Vorbild genommen, der Euch beiden so
begegnet, wie Ihr einander begegnen wollt. Ihr fühlt Euch von
unserem Gott in Jesus Christus in all Euren Schwächen angenommen.
Mit allen Macken und Spleens und alten Schuhen und alter und neuer
Schuld. Ihr wisst, dass Gott Euch liebt – so wie Ihr seid. Das
erzählt Ihr selbst seit so vielen Jahren u.a. Kindern in der
Kinderkirche und nun habt Ihr Euch einen Vers ausgesucht, der Eure
Ehe unter genau diese Zusage stellt: Ihr seid angenommen mit allem
Restrisiko, das Gott damit auf sich nimmt. Darum wollt und könnt Ihr
Euch auch annehmen mit allem Restrisiko. Aber das Risiko
interessiert weder Gott noch Euch und das ist gut so. Wichtig ist
dabei: Ihr wollt einander genau diese Sicherheit geben: „Ich stehe
zu Dir!“ Und wie gut tut dieses Gefühl, dass Ihr Euch sicher sein
dürft, dass der wunderbare Mensch an Eurer Seite bereit ist, sein
Möglichstes zu tun, Euch so anzunehmen, wie Ihr seid. Und ich bin
mir sicher, dass Eure Ehe, wenn wir sie von außen erleben werden,
uns ein Stückchen Himmel zeigen wird. „Zu Gottes Lob!“ -wie Ihr
Euch das wünscht.
Amen.