Montag, 4. April 2011

Familiengeschichten


Ich komme 
zur Hochzeit Ihrer Kinder,
zum 80. Geburtstag der Mutter                                             
und auch zum Begräbnis des Großvaters
und schreibe Ihre Geschichten.

In jedem Augenblick steckt Ewigkeit. Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft – alles eins, nur durch das getrennt, was wir Zeit nennen und in Jahre, Wochen, Tage, Stunden und Sekunden unterteilen, um uns ein Gefühl von Fassbarkeit zu vermitteln, wo es doch nichts zu fassen gibt.
Familienfeste sind Ereignisse, an denen wir den Windhauch einer Ahnung davon spüren. Im Trubel zwischen geschäftigem Treiben in Küche und Esszimmer, Spiel der Kinder, Musik, Gesprächen zwischen den Stühlen und Plaudereien zwischen Sofakissen ahnen wir: wir sind verbunden. Wir wissen nicht, wodurch, wo Familienbande doch gerade an solchen Tagen manches Mal eher einschneiden. Aber sie ist da: die Ewigkeit kommt auch uneingeladen und setzt sich.
Diese Gelegenheit bietet sich an, genutzt zu werden, um Ihre Familiengeschichten in Fotos, Dokumenten, aber vor allem in erzählten Geschichten zu sammeln Auch ich komme, aber eingeladen J von Ihnen. Ich setze mich (wenn möglich in einen seperaten Raum), packe Laptop und Scanner aus und warte auf Sie und Ihre Gäste. Im Idealfall hatten die Gäste in Ihrer Einladung die Aufforderung zwei bis drei Fotos, Schriftstücke oder ähnliches rauszusuchen, die sie mit dem Goldhochzeitspaar, dem Jubilar, dem jungen Brautpaar oder auch dem Verstorbenen verbinden. In einem zeitlichen Rahmen von etwa einer Viertelstunde darf mir, jeder, der will, seine ausgewählte Verbundenheitsgeschichte erzählen und ich schreibe mit, um daraus in der Folge zusammen mit den Fotos und Schriftstücken wie Briefen oder Urkunden ein Büchlein zusammenzustellen.
Das erste Exemplar gelangt zu Ihnen als Auftraggeber mit einem zusätzlichen für das Paar, den Jubilar, den Ehrengast. Doch als BoD (Book on Demand) können Sie jedem Gast die Möglichkeit geben, ein gedrucktes Stück Ewigkeit in Händen halten zu können: Ihre Familiengeschichten.

Samstag, 2. April 2011

fensterln

genug im eigenen saft gekocht. genug über mich selbst geschrieben. jetzt sind andere dran.

ich liebe die kalte jahreszeit. ich liebe auch den sommer, aber kalt bedeutet dunkel und dunkel bedeutet erleuchtete fenster. menschen machen licht und gewähren einblick.

ein blick in ein fenster: IKEA-regale, ein altes küchenbuffet, teedosen neben ordnerweise wissen und büchern, eine halbleere flasche wodka, der rote papierstern pendelt unerleuchtet in der heizungsluft. es ist doch schon bald ostern. wer ist das?

nichts leichter als das: ralf, 31, lehrer, nicht single, aber er lebt allein. die zeit der wilden studentenpartys sind vorbei, auch wenn er ihnen ab und zu noch nachtrauert. aber die anderen erobern die welt ja auch nur noch vom pult und schreibtisch aus. abends gönnt ralf sich ab und an nen kurzen. dann setzt er sich. 

nichts leichter als das: tina, eigentlich bettina, aber die betty hat  sie, gott sei dank, schon ne weile hinter sich. und mit der betty auch christian. jetzt ist da noch matze. der ist zwar ab und an ein bisschen launisch, aber der schlägt nicht zu und wenn doch einmal, dann hinterlässt´s nur nen kleinen kratzer. der verheilt. 

nichts leichter als das: katrin und maik. sie bringen grad max und moritz (ja, sie heißen wirklich so!) ins bett. sie sind den ganzen tag unterwegs gewesen. die jungs bei den großeltern. die machen das mit der erziehung zwar anders, aber sind günstiger als der kindergartenplatz für zwei zweijährige. 

ja, diese menschen gibt´s - bestimmt. ihre geschichten sind erfunden. aber sind sie dadurch weniger wahr? 
sie sind wahr. sie sind in meinem kopf. allein ihre möglichkeit macht sie wahr. aber das reicht mir nicht. ich liebe es, im dunkeln zu stehen und zu schauen. mir auszumalen. aber in mir klingt der ruf: "frag nach!" und mir reicht es nicht mehr nur im dunkeln zu stehen und mich meiner fantasie zu überlassen. ich steige ein.