Donnerstag, 17. November 2011

padautz!

der nebel. er hüllt alles ein. mein körper schimpft. alles schimpft über alles. besonders die nebelgraue kälte. wenn ich niese, zieht es mir bis in den steiß. - also ich mag den nebel. ist wie ne plastiktüte über dem kopf nur weniger suizidal. schränkt den blick ein. das ist ganz hilfreich. gemeinhin bin ich wunderbar weitsichtig - in alle richtungen. aber stolpere über meine eigenen füße. eine bifokalbrille mit geschwärzter oberer hälfte wäre auch nicht schlecht. aber der nebel tut´s auch. ich muss dann nicht weitsehen. ich bin hier. ganz jetzt. und versuche mich zu konzentrieren. es ist still. heute keine stimmen. nicht mal summen. das garstige hässliche männlein hat mir heute morgen schon einen besuch abgestattet. das reicht. dieses biest klopft noch nicht einmal an. ich geb nicht viel auf knigge, aber ein bisschen anstand darf schon sein. plötzlich aus dem nichts sitzt es da, füße auf dem tisch mit meinen letzten vorräten aus dem kühlschrank genüsslich speisend. ich frage mich noch: "wer hat den reingelassen?" da schmatzt es vor sich hin: "wie, darüber hast du noch nicht nachgedacht? na, das ist doch offensichtlich, warum er das macht!" und ich könnte lachen, weinen und kotzen zugleich. ich kotze - darüber, wie tief diese rille vor der macke in der platte schon sein muss. vielleicht sollte ich sie einfach mal wegschmeißen. ich weine, denn im handgepäck hat das männlein eine nur zu bekannte versteckt. ich lache - irre, wirr, aber gewiss, dass das alles irrwitzig sein muss, weil sowas doch wohl sonst keine wiederholung verdiente. und ich lache auch, weil ich spüre, dass ich schon gelernt habe. aber ob es reicht? ein "diesmal" schwingt mit und es wabert in der stimme des männleins durch den raum. aber ich frage: wofür? wozu? was soll die fragerei? und wenn der nebel sich verzieht - was dann? verliert sich der blick an details in der ferne? ich weiß, was ich will. ich weiß auch, dass ich das nur schritt für schritt erreichen kann. ich sehe es. ich bin ein guter beobachter. schon immer gewesen. ich wünsche mir eine hand, die mir das kreuz stärkt und deren wärme mir mut macht. ich wünsche mir sogar das paar hände, das meine nimmt und eine stimme, die sagt: "probier es, du schaffst das! und wenn du fällst, bin ich da!" ich sehe meine füße, aber ich misstraue ihnen, dass sie mich so gut tragen können, wie ich es bei den anderen sehe. und doch: ich stehe. das lächeln des anderen ist stärker, sagt: "da, wo du zweifelst, glaube ich für dich! was soll die fragerei?"

Mittwoch, 16. November 2011

In Sack und Asche

Die Diskrepanz zwischen der Aussage "Gott ist Liebe!" und unserer Wahrnehmung von Gerichtsrede und eiferndem Gott des AT besteht da, wo ich nicht glaube, dass sich Liebe auch SO artikuliert. Wenn ich davon ausgehe, dass wir Menschen, Ebenbild Gottes sind, dann spiegelt sich in der Vielfalt menschlichen Daseins (in allen Facetten unseres Verhaltens und unserer Emotionen) auch die Vielfalt Gottes wider, Gott liebt mich und will Beziehung mit mir. Und wenn ich weiß, dass ein böses Wort, ein Streit, Eifersucht kein Beziehungsabbruch bedeuten muss, dann darf nicht nur ich mit meinem Gott zürnen, sondern auch Gott mit mir. Das Problem bei dieser Art mir Gott zu denken ist sicher, dass mein Bedürfnis nach Perfektion enttäuscht wird. Dass ich als Mensch nicht perfekt sein kann, weiß ich, sorgt aber nicht für ein entspanntes Umgehen mit meinen Macken, sondern eine unablässige Unzufriedenheit. Aber dass sogar Gott nicht all unseren Perfektionsansprüchen gerecht wird, das verstört. Aber ich erlebe diese Vorstellung als unerreicht HEILsam.

Sonntag, 6. November 2011

das liebe

"nichts bedeutet irgendetwas! deshalb lohnt es sich nicht, irgendetwas zu tun! das habe ich gerade herausgefunden." (pierre anthon in janne tellers geschichte: nichts. was im leben wichtig ist.)

wenn das stimmte, wäre dann nicht jeder atemzug zuviel, jeder gedanke unnütz und jedes ziel, jeder traum und jedes ideal nichtig? wofür lohnt es sich dann, zu leben, wenn alles bedeutungslos ist? doch pierre anthon bringt sich nicht um. er setzt sich auf den pflaumenbaum und bespuckt seine klassenkameraden mit mit worten und kernen. 

was würde ich tun? was würde ich pierre anthon antworten? wie würde ich reagieren, wenn jemand aus dem lebenkonzept, das uns zuvor gemeinsam war, aussteigt und geht? -

hinterherwinken und lächeln? "mach´s gut, pierre, schreib mal ´ne karte!"
sitzen und schweigen?
aufstehen und gehen? ihn zurückholen? ihm eine trachtprügel verpassen? 

ich würde mich fragen: "hat er recht? und wenn er recht hätte, warum tue ich dann noch das, was ich tue? was bedeutet es eigentlich bedeutung zu haben?" 

wenn etwas mir etwas bedeutet, dann hat sein da-sein für mich relevanz. ein warmer tee bedeutet mir etwas, wenn mir kalt ist. es ist wie mit rosen und prinzen. 

oder irrt sich doch pierre anthon selbst? vieles hat bedeutung. zu vieles. und sein "nichts bedeutet irgendetwas!" ist nichts als der wunsch, dass nichts bedeutung haben sollte, weil das leben dann weniger verworren, weniger angsterfüllt wäre, das für mich bedeutungsvolle zu verlieren. 

nein! dann irrte pierre anthon nicht, sondern er wäre der rufer in der wüste, der prophet, der nichts gilt im eigenen land. und obwohl er ebendas wäre, bestände mein irrtum darin, ihm blindlings recht zu geben. vieles bedeutet irgendetwas, aber nichts verleiht bedeutung.

Donnerstag, 3. November 2011

am besten wär´s, du gehst

"geh´, bis ich wieder normal bin. bis mit mir wieder gutkirschenessen ist. bis es mit mir wieder auszuhalten ist." wie häufig ich das in letzter zeit denke: "geh´!" oder nein, besser: "ich geh´. denn du hast ja nichts falsch gemacht." ich halt´s kaum aus. halte mich nicht aus. wie soll es da wer anders tun? das kann doch wohl niemand verlangen. 

natürlich könnte ich jetzt über einen "kennen wir das nicht alle?"-zug von mir ablenken und hoffen, dass sich am ende keiner mehr an den anfang und die ahnung erinnert, dass es sich bei diesem ICH tatsächlich um MICH handeln könnte. natürlich könnte ich das und vermutlich wäre es klug - klüger. aber ich bin ja nicht klug - und damit ham wa den salat. 

ich würde gern so vieles tun. und es gibt ja auch soviel zu tun. ich würde gern schreiben und damit gern mehr verdienen als die 4,95€, die mir der GRIN-verlag alle drei monate überweist. 

jetzt mal ehrlich: ist das leben leicht oder schwer? ich glaube ja allen, die mir vorbeten, das leben sei leicht. ich müsste nur an das gute glauben und daran, dass ich das schaffe, was ich mir vornehme, aber dann überkommt´s mich doch und häng´ drin - im loch. und wenn es doch so leicht alles ist, dann bin ich ja offenbar zu dumm um wenigstens dieses leichte bewerkstelligt zu bekommen. ... warum fühlt sich leichtes schwer an? 

mir ist leicht ums herz. auch wenn sich das ganze nicht so liest. ich will meinen teppich knüpfen! aus all den losen fäden, die in meinem leben baumeln, meinen teppich weben. es ist leicht und wenn es sich nicht so anfühlt. und wenn ich mich hinsetze, habe ich bereits begonnen zu glauben, dass es möglich ist! 

Samstag, 21. Mai 2011

Alles scheiße?!?

Predigt für Sonntag, Kantate, den 22.05.2011
Text: Mt21,14-17.18-22
Einstieg:
Wo bist du das letzte Mal verletzt worden? Wo hast du dich über jemanden geärgert? Wo und in welcher Situation hast du das Verhalten eines anderen missbilligt und gedacht: „Das geht doch nicht! Dem da müsste man doch... Der da müsste jemand mal...“

Der Doofie, der dir hier vor der Kirche den Parkplatz wegschnappte. Die Truse, die sich beim Bäcker vordrängelte. Der Kollege, der seine Arbeit nicht geregelt bekommt und dessen Kram auf deinem Schreibtisch bzw. deinen Schultern landet. Die Mitschülerin, die dich beim Lehrer verpfiffen hat. „Zur Konfirmation der Nachbarstochter haben wir aber `was in `ne Karte gesteckt, aber was kommt zurück, wo unser Enkel Konfi hat???“… Unverschämtheiten. Unverfrorenheiten. Unsensibles Verhalten. Lästern. Lügen. Vertrauensbrüche. Menschen verletzen uns sogar mit ihrer Art, sich in der Öffentlichkeit zu geben: Oder wann hast du dich das letzte Mal über öffentliches Nasepopeln, furchtbare Klamotten, Übergewicht und andere Unzulässigkeiten aufgeregt? Ich kenne das jedenfalls. Ja, Menschen verletzen uns. Verletzungsgeschichten gibt es unendlich viele. Und jeder von uns kennt sie. Andere verletzen uns und wir verletzen. Ätzend! Das ist doch nicht schön! Dagegen müssen wir doch was tun! 

Text:
Mt21,14-17 vorlesen >> 14 Und es gingen zu ihm Blinde und Lahme im Tempel und er heilte sie. 15 Als aber die Hohenpriester und Schriftgelehrten die Wunder sahen, die er tat, und die Kinder, die im Tempel schrien: Hosianna dem Sohn Davids!, entrüsteten sie sich 16 und sprachen zu ihm: Hörst du auch, was diese sagen? Jesus antwortete ihnen: Ja! Habt ihr nie gelesen (Psalm 8,3): »Aus dem Munde der Unmündigen und Säuglinge hast du dir Lob bereitet«? 17 Und er ließ sie stehen und ging zur Stadt hinaus nach Betanien und blieb dort über Nacht.
Ach, wie schön!!! Was für ein guter Text! Jesus als der kinderliebe Weltverbesserer, der den versnobten Gelehrter mal die Meinung sagt! So gefällt er uns. Und daraus lässt sich doch bestimmt ableiten, wie wir Verletzungen in Zukunft aus dem Weg gehen und niemanden mehr verletzen! … Ich bin nicht ohne Grund so spöttisch. Man könnte in der Tat den Text genau so verstehen. Man darf ihn ganz sicher auch so verstehen! Das tue ich auch – zu gegebener Zeit. Ich würde nie auf diese Botschaft der Liebe Gottes zu den Kleinen und Unmündigen, auf die sonst keiner hört, verzichten wollen! Aber der Predigttext von heute schlägt vor, noch einen Schritt weiter zu gehen:
Mt21,18-22 vorlesen >> 18 Als er aber am Morgen wieder in die Stadt ging, hungerte ihn. 19 Und er sah einen Feigenbaum an dem Wege, ging hin und fand nichts daran als Blätter und sprach zu ihm: Nun wachse auf dir niemals mehr Frucht! Und der Feigenbaum verdorrte sogleich. 20 Und als das die Jünger sahen, verwunder­ten sie sich und fragten: Wie ist der Feigenbaum so rasch verdorrt? 21 Jesus aber antwortete und sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr Glauben habt und nicht zweifelt, so werdet ihr nicht allein Taten wie die mit dem Feigenbaum tun, sondern, wenn ihr zu diesem Berge sagt: Heb dich und wirf dich ins Meer!, so wird's geschehen. 22 Und alles, was ihr bittet im Gebet, wenn ihr glaubt, so werdet ihr's empfangen.
Was für ein Text! Der macht mich erstmal sprachlos. Jesus macht eine Pflanze platt, weil er Hunger hat und sie ihn nicht stillt. Jesus zieht den Feigenbaum zur Verantwortung! Man könnte eine ganze Predigt darüber halten, was hier an einem Baum und einer nicht erbrachten Frucht verdeutlicht werden soll, aber darum geht es mir heute nicht. Zumindest nicht vordergründig. Ich will an dieser Stelle nicht auf das Dass hinaus, sondern auf das Wie. Wie erscheint Jesus hier? Das ist nicht der sanftmütige Heiler, auf dessen Schoß sich Kinder tummeln. Direkt vor den Blinden- und Lahmenheilungen, die wir eben gehört haben, erzählt uns Matthäus wie Jesus erbost den Tempel leerfegt. Händler und Geldwechsler schmeißt er raus. Im Johannesevangelium nimmt er dazu sogar eine Peitsche! Hier wird nicht diskutiert. Keine Spur von Rechte-wie-linke-Wange-Hinhalten! Und dann doch wieder: Direkt vor der Tempelreinigung wird von Jesu Einzug in Jerusalem berichtet: Auf einem Esel – der sanfte Herr und König, dem die Masse, dennoch zujubelt. Palmsonntag! Alles Jesus! Auf so wenig Versen so eine Bandbreite eines Charakters! Das ist alles Jesus: Der König, der auf äußere Zeichen der Macht aber verzichtet, sogar tiefstapelt. Der aufgeschlossene, annehmende Wundertäter, der aber mit Gewalt Grenzüberschreitungen ahndet. Der Zauberer, der alles kann bzw. könnte (sogar Berge versetzen), der aber lehrt statt zu behexen, der hungert wie ein normaler Mensch. Der Segnende, dessen Berührung Menschen heilt, der aber eine Pflanze verflucht. Der Menschenversteher, der aber - wissend um seine Autorität - Gott vertritt und menschliche Autoritäten in Frage stellt. Alles Jesus.
Warum macht Matthäus das? Warum zeigt uns Matthäus Jesus hier in dieser Bandbreite? Warum in dieser Wucht? Es ist, als ob er seine gesamte Jesusgeschichte, sein Evangelium, die Gute Nachricht, die er mitJesus Christus untrennbar verbunden sieht, in aller Deutlichkeit noch einmal in ihre Abschlussepisode packen wollte. Wie ein Lehrer, der , weil er am Ende seiner Stunde nicht weiß, was bei seinen Schülern angekommen ist, den zentralen Unterrichtsstoff noch einmal in drei Sätzen zusammenfasst: Jesus kompakt. Im Sinne eines: „Wenn ihr euch auch nicht alles merken könnt, dann aber DAS!“
Und in Jesus: Gott kompakt. In Jesus begegnet uns Gott. Daran glauben wir. Das macht uns zu Christen.
Jesus zeigt uns, wie Gott ist in seiner ganzen unvorstellbaren Bandbreite und Vielseitigkeit. Demnach ist Gott extrem – in alle Richtungen: er liebt extrem, er hasst extrem, er zeigt Macht und ist sanft- und demütig. Er ist König und Knecht. Verurteilter und Richter. Er ist aufgeschlossen und nimmt uns an, aber setzt ebenso radikal Grenzen. Er hat Macht, Unvorstellbares zu wirken und als Lehrer/ Erzieher (Pädagoge) lässt er uns die Freiheit, zu lernen, was wir für wichtig halten, obwohl es auch anders ginge. Er segnet und verflucht. Er demonstriert seine Macht, aber sagt im gleichen Atemzug, dass der Glaube (jeden) dazu ermächtige, Unvorstellbares zu wirken. Jesus lebt es, was es heißt, Kind Gottes zu sein. Er weiß, dass er Ebenbild Gottes ist – so wie wir alle. Insofern:
In Jesus hält Gott uns auch den Spiegel vor: „So bist du, weil ich so bin,“ spricht Gott durch Jesus zu uns. „Du kannst, was er kann. Du bist, was er ist. Ihr seid Geschwister, ihr meine Kinder.“
Jeder kann, wenn er glaubt, was hier gezeigt wird: Jesus ist unser Bruder! Wo du glaubst, dass DU geliebtes, ermächtigtes Kind Gottes bist, da darfst du du sein. Da darfst und kannst du wüten und heilen, verfluchen und segnen, vor Freude singen und schweigen.

>> Aber damit, wenn ich einfach so drauflos lebe und nicht nachdenke, tue ich doch anderen weh! Selbst das, was Jesus da tut, ist doch furchtbar! Er treibt die Menschen aus dem Tempel. Er zerstört. Er tötet mutwillig eine Pflanze, die es wagt, sein Bedürfnis (seinen Hunger) nicht zu stillen. Das darf ich doch nicht! Jesus vielleicht, aber ich doch nicht! Das kann doch unmöglich richtig sein, einfach so drauflos zu leben.
Aber:
Erstens: Wenn du diesen Gedanken schon hast, lebst du nicht einfach so blind drauflos. Du machst dir ja schon Gedanken um die Menschen um dich her und um alles, was dich umgibt. Und
Zweitens: Kein Mensch tut mutwillig das Falsche! Jeder handelt so, wie er es für richtig hält. Selbst Menschen, die uns wehtun oder etwas tun, was ich vielleicht als grundfalsch einschätze, haben sich an dieser Stelle genau dafür entschieden, weil es für sie richtig ist. Gucken wir uns Jesus in diesen Geschichten an: Er verstört., er tut weh, indem er tut, was richtig für ihn ist. Jesus handelt hier. Es wirkt unbedacht. Vielleicht ist es genau das: Ich glaube nicht, dass unser Leben häufig so schwierig ist, weil wir uns zu wenig Gedanken machen würden. Ich halte keinen von euch, niemanden auf dieser Welt für einen schlechten, bösen, unbedachten Menschen. Jeder von uns möchte gut sein und alles richtig machen, Anerkennung bekommen, gemocht und geliebt werden. All unser Denken und Trachten ist darauf ausgerichtet. Wir fragen uns permanent: Wie mache ich es richtig? Aber was, wenn der Sinn des Lebens nicht darin besteht, die Antwort auf diese Frage, sondern sie zu vergessen???
Zwei Dinge möchte ich dir heute mitgeben:
  • Lebe! Da, wo du immerzu versuchst, alles richtig zu machen, vergisst du zu leben, weil es auf diese Frage keine allgemeingültige und für alle befriedigende Antwort gibt! In der Feststellung, dass alles, was du tust, irgendwem schadet, sowie dein Beschluss, niemandem schaden zu wollen, klebt dich am Boden fest und macht dich handlungsunfähig. Du bist tot mitten im Leben. Ich bin davon überzeugt, dass Gott, der uns ins Leben gerufen hat, das nicht will. Und:
  • Ja, du wirst verletzen und du wirst verletzt werden. Das ist schlimm. Ich will das nicht schönreden! Jeder von uns hat hier seine eigenen Geschichten und es werden neue hinzukommen. Alle schlimm. Schmerz bleibt, selbst da, wo auch Entschuldigungen ausgesprochen wurden und Wiedergutmachungen erfolgt sind. Ätzend! Lust darauf hat keiner! Aber wir kommen um Verletzung nicht herum. Der Ort, wo Verletzung ausgeschlossen ist, heißt Tod. Der Ort, wo Verletzung unabdingbar mit dazu gehört, heißt Leben. Die einzige Antwort, die ich bislang auf die Frage gefunden habe, wie wir mit der Tatsache alter und neuer Verletzungen umgehen können, heißt Vergebung. Das ist Gottes Geschenk an uns Menschen. Und wir brauchen es, weil wir sind, wie er ist. Jesus hat uns das heute gezeigt, indem wir ihn gesehen haben, wie er ist.
Amen.

Wenn wir immerzu Angst haben, schief zu singen, werden wir schließlich gar keinen Ton herausbringen! Also: Kantate! Lasst uns singen! :)

Montag, 9. Mai 2011

Liebe Janina!

Ich weiß, du denkst, du müsstest alles richtig machen.
Ich weiß, du hast Angst, alle Menschen, die dir etwas bedeuten, würden sich einfach irgendwann verdünnisieren und sang- und klanglos aus deinem Leben verschwinden. 
Ich weiß, das fühlt sich für dich wahr an. Unumstößlich. Aber das ist es nicht. Das ist eine Lüge, der du geglaubt hast. 
Glaub´ ihr nicht. Glaub´ ihr nicht mehr. Dazu besteht keine Notwendigkeit, auch wenn du dich dann schutzlos fühlst. In Wahrheit macht dich diese Lüge kaputt. Sie flüstert dir ein, dass es möglich und nötig sei, alles richtig zu machen und dass dir dann, aber auch nur dann, niemand mehr abhanden kommt. 
Wenn du weiterhin glaubst, dass es nur an deinem Bemühen liegt, und du feststellst, dass Menschen trotzdem gehen, wirst du immer zwanhafter und strenger mit dir sein, dich selbst immer weniger lieben und immer mehr Bestätigung von außen brauchen. 
Das ist ein wahrer Teufelskreis, der niemandem gut tut - nur schadet. Gott will, dass du frei bist. Ausbrichst. Erkennst. Liebst. 
Menschen kommen und gehen. Das ist Leben.
Menschen gehen und lassen dich zurück. Das ist schlimm und doch richtig. 
Dort, wo sie das tun, entscheiden sie sich für das Leben nicht gegen dich, auch wenn es sich für dich so anfühlt. Du sehnst dich nach Vergebung. Sie ist dein Thema und doch weißt du nicht, warum. Du bittest, bettelst und flehst, gelobst Besserung, damit doch "alles wieder gut" ist. Gott schenkt Vergebung, aber es ist eine andere, als du immer dachtest. Vergebung übersteigt jedes menschliche Vermögen. Bitte Gott um Vergebung für die Menschen, die gingen und dich zurückließen. Keiner von ihnen hat etwas falsch gemacht. Keiner traf die Wahl zwischen Richtig und Falsch, Bleiben und Gehen, Nicht-Sünde und Sünde. Hör auf, Listen zu schreiben mit Dingen, die du nicht tun darfst! Vergebung braucht die Tat nicht ihrer selbst wegen, sondern ihr Ergebnis - die Trennung, der Beziehungsbruch - schmerzt dich und hat dich geformt. 
Aber du bist nicht die Summe deiner Schmerzen! Du bist viel mehr. Das wird bleiben, wenn du den Schmerz hinter dir lässt.
Und du wirst entdecken, wie wunderbar du bist und immer gemeint warst. 

Alles Liebe! j.

Montag, 4. April 2011

Familiengeschichten


Ich komme 
zur Hochzeit Ihrer Kinder,
zum 80. Geburtstag der Mutter                                             
und auch zum Begräbnis des Großvaters
und schreibe Ihre Geschichten.

In jedem Augenblick steckt Ewigkeit. Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft – alles eins, nur durch das getrennt, was wir Zeit nennen und in Jahre, Wochen, Tage, Stunden und Sekunden unterteilen, um uns ein Gefühl von Fassbarkeit zu vermitteln, wo es doch nichts zu fassen gibt.
Familienfeste sind Ereignisse, an denen wir den Windhauch einer Ahnung davon spüren. Im Trubel zwischen geschäftigem Treiben in Küche und Esszimmer, Spiel der Kinder, Musik, Gesprächen zwischen den Stühlen und Plaudereien zwischen Sofakissen ahnen wir: wir sind verbunden. Wir wissen nicht, wodurch, wo Familienbande doch gerade an solchen Tagen manches Mal eher einschneiden. Aber sie ist da: die Ewigkeit kommt auch uneingeladen und setzt sich.
Diese Gelegenheit bietet sich an, genutzt zu werden, um Ihre Familiengeschichten in Fotos, Dokumenten, aber vor allem in erzählten Geschichten zu sammeln Auch ich komme, aber eingeladen J von Ihnen. Ich setze mich (wenn möglich in einen seperaten Raum), packe Laptop und Scanner aus und warte auf Sie und Ihre Gäste. Im Idealfall hatten die Gäste in Ihrer Einladung die Aufforderung zwei bis drei Fotos, Schriftstücke oder ähnliches rauszusuchen, die sie mit dem Goldhochzeitspaar, dem Jubilar, dem jungen Brautpaar oder auch dem Verstorbenen verbinden. In einem zeitlichen Rahmen von etwa einer Viertelstunde darf mir, jeder, der will, seine ausgewählte Verbundenheitsgeschichte erzählen und ich schreibe mit, um daraus in der Folge zusammen mit den Fotos und Schriftstücken wie Briefen oder Urkunden ein Büchlein zusammenzustellen.
Das erste Exemplar gelangt zu Ihnen als Auftraggeber mit einem zusätzlichen für das Paar, den Jubilar, den Ehrengast. Doch als BoD (Book on Demand) können Sie jedem Gast die Möglichkeit geben, ein gedrucktes Stück Ewigkeit in Händen halten zu können: Ihre Familiengeschichten.

Samstag, 2. April 2011

fensterln

genug im eigenen saft gekocht. genug über mich selbst geschrieben. jetzt sind andere dran.

ich liebe die kalte jahreszeit. ich liebe auch den sommer, aber kalt bedeutet dunkel und dunkel bedeutet erleuchtete fenster. menschen machen licht und gewähren einblick.

ein blick in ein fenster: IKEA-regale, ein altes küchenbuffet, teedosen neben ordnerweise wissen und büchern, eine halbleere flasche wodka, der rote papierstern pendelt unerleuchtet in der heizungsluft. es ist doch schon bald ostern. wer ist das?

nichts leichter als das: ralf, 31, lehrer, nicht single, aber er lebt allein. die zeit der wilden studentenpartys sind vorbei, auch wenn er ihnen ab und zu noch nachtrauert. aber die anderen erobern die welt ja auch nur noch vom pult und schreibtisch aus. abends gönnt ralf sich ab und an nen kurzen. dann setzt er sich. 

nichts leichter als das: tina, eigentlich bettina, aber die betty hat  sie, gott sei dank, schon ne weile hinter sich. und mit der betty auch christian. jetzt ist da noch matze. der ist zwar ab und an ein bisschen launisch, aber der schlägt nicht zu und wenn doch einmal, dann hinterlässt´s nur nen kleinen kratzer. der verheilt. 

nichts leichter als das: katrin und maik. sie bringen grad max und moritz (ja, sie heißen wirklich so!) ins bett. sie sind den ganzen tag unterwegs gewesen. die jungs bei den großeltern. die machen das mit der erziehung zwar anders, aber sind günstiger als der kindergartenplatz für zwei zweijährige. 

ja, diese menschen gibt´s - bestimmt. ihre geschichten sind erfunden. aber sind sie dadurch weniger wahr? 
sie sind wahr. sie sind in meinem kopf. allein ihre möglichkeit macht sie wahr. aber das reicht mir nicht. ich liebe es, im dunkeln zu stehen und zu schauen. mir auszumalen. aber in mir klingt der ruf: "frag nach!" und mir reicht es nicht mehr nur im dunkeln zu stehen und mich meiner fantasie zu überlassen. ich steige ein.